Ich schreibe heute einen Beitrag zum Thema Zweifel. Ich wurde bei einem meiner letzten Seminare mit dem Zweifel einer Teilnehmerin konfrontiert. Dafür bin ich ihr sehr dankbar, denn ihr Zweifel hat mich sehr zum Nachdenken angeregt.

„Der Zweifel ist dem Wissen nicht unterlegen, sondern überlegen. Der Fortschritt ist der Sohn des Zweifels. Der Verstand, der nicht mehr zweifelt, unterliegt dem Verstand.“ Alain

 

 

Neulich gab ich ein Seminar, welches ich als phantastisch erlebt habe. Das Thema war übrigens  „Erfolg – wie ich mein Leben in die Hand nehme“ und nicht der Zweifel! Ich erzählte auch von einer persönlichen Erfahrung, um das Prinzip der eigenen blinden Flecken zum Greifen nah zu machen. Plötzlich unterbrach mich eine Teilnehmerin. Sie sagte, dass sie zwar ähnliche Erfahrungen gemacht habe wie ich, aber keine blinden Fleck wie ich habe. Ich war in dem Moment irritiert. Ich dachte mir: „Warum erzählt die Frau das? Was genau will sie damit sagen?“ Ich stimmte ihr zu, denn es stimmt ja. Jeder Mensch hat andere blinde Flecken. Aber ich merkte, dieser Vorfall im Seminar beschäftigte mich. Das Seminar war sehr gut verlaufen, ich war sehr zufrieden, aber dieser eine kleine Vorfall, war denk- und merkwürdig. Und aus diesem Vorfall habe ich dann auch am Meisten gelernt.

Diese Frau hat einen Zweifel geäußert. Der Zweifel besagt, da gibt es noch eine andere Sichtweise oder Erfahrung oder Meinung. Nicht eine Meinung, sondern zwei! Ich finde das gut, dass es den Zweifel gibt. Er hilft mir, eine Sichtweise, eine Meinung auch noch aus einer anderen Perspektive zu sehen. Das Leben ist ja nun nicht eindimensional. Und gerade die Erwachsenenbildung lebt von der Perspektivenverschränkung, wie der Fachausdruck dafür heißt, wenn unterschiedliche Sichtweisen aufeinanderprallen. Der Zweifel hat also eine bedeutsame Rolle, weil er das Denken inspiriert.

thinking-272677_1920

In meinem Fall hat er das auch getan und unmittelbaren Einfluss auf meine Arbeit. Wenn ich Übungen mit meinen Teilnehmenden beende, frage ich sie im Anschluss auch immer, wie es ihnen ergangen ist, wie sie die Übung erlebt haben? Und gerade diese Fragen, ermöglichen das Gelernte in Worte zu fassen. Durch die Erfahrung mit der kleinen Situation, mit dem Zweifel, werde ich in Zukunft auch nach der Theorie, also nach einem Fachvortrag im Seminar, vermehrt Fragen stellen. Bisher habe ich meist gefragt, welche Fragen die Zuhörenden zu dem eben beschriebenen Thema haben. Viel spannender wird es sein, wenn ich in Zukunft fragen werde:

Welche andere Meinung haben Sie?

Wo stimmen Sie nicht mit meinem Vortrag überein?

Welche Zweifel haben Sie darüber?

Da sind die Antworten interessant. Ich freue mich selbst darauf, das auszuprobieren.

Ich bin dieser Frau sehr dankbar, dass sie diesen Zweifel eingeworfen hat. Ich habe so viel daraus gelernt. Wenn ich so viel aus dem Zweifel gelernt habe, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass auch sie etwas daraus gelernt hat, da sie den Zweifel in Worte gefasst hat.

„Eigentlich weiß man nur, wenn man wenig weiß; mit dem Wissen wächst der Zweifel.“ – Johann Wolfgang von Goethe

Mag. Dr. Katrin Prüller Inpowermind Unternehmen

Verzweiflung. Was ist eigentlich das Gegenteil von Zweifel? Vertrauen oder fester Glaube. Auch das ist wichtig, wenn wir an die Sicht des Kommunikationspsychologen Schulz von Thun denken, die ich in meinem Beitrag zu Thema Konflikt bereits erwähnt habe. https://inpowermind.at/2018/10/21/konflikte-loesen Wir benötigen immer auch einen Wert, der entgegensteht, um nicht einseitig zu werden.

Sonst kann der Zweifel zur Verzweiflung werden. Verzweiflung ist der Verlust von Hoffnung und Glaube. Zweifeln ist im Wort Verzweiflung enthalten, aber eigentlich zweifelt der verzweifelte nicht mehr. Er glaubt ja fest daran, dass es keine Besserung gibt. Die Verzweiflung beinhaltet oft auch Angst. https://inpowermind.at/2018/09/03/angst-ueberwinden/

Und lässt keinen Zweifel an der Angst zu. Dabei wäre auch gerade an der Angst, der Zweifel hilfreich. Angst ist die Vorwegnahme einer schlimmen Zukunft.

Aber kann die Zukunft nicht auch anders sein?

Welche andere Möglichkeiten kann die Zukunft auch  für den ängstlichen Menschen vorhersehen?

Was will mir die Angst sagen?

Vor was soll ich mich schützen?

Auf was muss ich mich noch besser vorbereiten?

 

 

 

„Übe dich auch an den Dingen, an denen du verzweifelst.“ – Marc Aurel

Der Zweifel an sich, kann viel Gutes und Neues bringen. Wird der Zweifel zu einem automatischen Reflex, braucht es im Leben eine gute Portion Hoffnung. Verzweiflung braucht auch wieder Hoffnung und hier kann eine professionelle Beratung gut unterstützen. https://inpowermind.at/lebens-und-sozialberatung/

Ist die Verzweiflung zu einem Dauerzustand geworden und erleben Menschen wichtigsten Situationen in ihrem Leben als ausweglos, dann steckt eventuell eine psychische Erkrankung dahinter. Länger anhaltende Verzweiflungszustände sind traumatisch und bedürfen professioneller medizinischer und psychotherapeutischer Behandlung. Wenn Sie lange keine Möglichkeit erkennen, selbst etwas an Ihrer Situation zu ändern, obwohl Sie diese als sehr negativ erleben. Und Sie glauben fest, diese Situation wird sich nie ändern. Dann holen sie sich rasch Hilfe und vertrauen sie sich jemanden an.

Ich wünsche Ihnen ein Leben weitgehend ohne Verzweiflung, in Vertrauen und mit vielen Zweifeln, die Sie zum Denken und Lernen anregen!